Rund 100 Bauern gründen Kürbisernte-Genossenschaft
25.10.2017
Zur Weststeirischen Kürbisernte-Genossenschaft haben sich gut hundert Betriebe im Söding-, Lieboch- und Kainachtal zusammengeschlossen. Die neu gegründete Genossenschaft im Raiffeisenverband Steiermark stellt bundesweit die erste ihrer Art dar.
Weststeirisches Kainachtal, Södingtal, Liebochtal: Seit dem Jahr 2000 arbeiten rund hundert Betriebe bei der Ölkürbisernte zusammen. Auf rund 320 Hektar wird „Cucurbita pepo var. styriaca“ angebaut. Jene schalenlose Kerne, die gemahlen, gesalzen und geröstet und schließlich gepresst das unvergleichbare steirische Kürbiskernöl ergeben.
Über Jahre hindurch lief die Kooperation, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen war, recht erfolgreich. Bei Wilfried Lackner vom Webermichl-Hof in Söding liefen stets alle Fäden zusammen. Anita und Wilfried Lackner produzieren seit 20 Jahren ein knappes Dutzend verschiedener Öle, Essige, Brände und Getreideprodukte.
Was zu Beginn der gemeinschaftlichen Ernte und Verarbeitung noch funktionierte, passte mit zunehmender Professionalisierung und Erntemenge immer weniger. „Der Maschinenpark war zu alt. Wir mussten in einer eingemieteten Halle immer mehr improvisieren“, skizziert Wilfried Lackner die alte Situation. „Wir haben den Hof der Eigentümer zwei Monate lang blockiert und das Verkehrsaufkommen samt Lärm und Schmutz mitten in einem Wohngebiet sorgte zunehmend für Diskussionen.“
Neustart auf grüner Wiese
„In allen 20 Jahren der Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben wir ausschließlich positive Zahlen geschrieben und uns mit solider und verlässlicher Arbeit das Vertrauen der Betriebe erarbeitet“, sagt Lackner, der in den vergangenen Jahren als Geschäftsführer arbeitete. „Aber mittlerweile war klar, dass wir für die Fortführung des Geschäfts etwas Neues brauchen.“
Für den Neubau der Halle, wo die Kürbiskerne getrocknet, gereinigt und gelagert werden können, gibt es einen Budgetrahmen von rund 700.000 Euro. Bei solchen Vorhaben wird rasch klar, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgedient hat, zu groß sind hier die Nachteile. Sie hat keine Rechtspersönlichkeit, die Rechtsträger sind alleine die Gesellschafter. Die GesbR kann weder klagen oder geklagt werden, auch nicht ins Grundbuch oder Firmenbuch eingetragen werden. Auch die Haftungsfrage birgt etliche Untiefen, denn die Gesellschafter haften unbeschränkt mit dem gesamten Betriebs- und Privatvermögen und das solidarisch – jeder haftet für jeden.
Praktisch alle Mitglieder der alten Gesellschaft haben bereits Genossenschaftsanteile gezeichnet. Ein Anteil kostet 300 Euro, zwei müssen mindestens gezeichnet werden. Größere Betriebe zeichnen entsprechend mehr, pro Hektar werden zwei Anteile empfohlen. Man muss zwar nicht unbedingt, dann wird aber bei der Ernte ein Zuschlag verrechnet. „Wir sind eine Gemeinschaft und pflegen einen engen Zusammenhalt“, betont Lackner als Obmann der neuen Genossenschaft.
Sicherer Rechtsrahmen
Mit Freude kommentiert Verbandsdirektor Heinrich Herunter die Gründung: „Genossenschaften haben im landwirtschaftlichen Bereich große Tradition. Gemeinsame Vorhaben mehrerer Personen können in einem gesicherten Rechtsrahmen auf die Beine gestellt werden, die vorher oft nur lose organisiert waren oder gänzlich neu entstehen. Über Genossenschaftsmodelle bleibt die Mitsprache aller Mitglieder gewahrt und neue Mitglieder können unkompliziert aufgenommen werden. Dass die Förderung der Mitglieder nicht zu kurz kommt, schaut die Revision.“
Anerkennung kommt auch von Andreas Cretnik, Geschäftsführer der Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl g.g.A.: „Die Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl freut sich sehr, dass diese Genossenschaft gegründet wurde. Dies zeigt, dass die Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft auf das Steirische Kürbiskernöl g.g.A. setzen und auch kräftig investieren werden. Ob es zu weiteren Genossenschaften kommen wird, ist jedoch derzeit noch schwer abzuschätzen.“
Was der Einzelne nicht schaffen kann, dass schafft die Gemeinschaft. Der Grundpfeiler der Genossenschaftsidee bewahrheitet sich hier nicht nur in der Realisierung des gemeinsamen Unternehmertums. Die neuen Maschinen und Lagerräume schaffen darüber hinaus einen Effizienzsprung beim Verarbeiten der Kürbiskerne und eine bessere Ausgangsposition beim Verkauf aufgrund der ausreichenden Lagerkapazitäten. „Denn das Geschäft ist beinhart“, sagt Obmann Wilfried Lackner.