Konjunkturgespräch: „Motor läuft auf Hochtouren“
06.04.2018
Beste Stimmung herrschte beim Raiffeisen-Konjunkturgespräch am 4. April in Raaba-Grambach. Dabei diskutierten hochkarätigen Experten über die globale Hochkonjunktur, Handlungsoptionen für Unternehmen und die künftige wirtschaftliche Ausrichtung der Europäischen Union.
„Die Konjunktur macht uns große Freude“, unterstrich Raiffeisen-Landesbank-Generaldirektor Martin Schaller in seinen Eröffnungsworten beim diesjährigen Raiffeisen-Konjunkturgespräch in Raaba-Grambach. Zudem sei die Steiermark "Innovations-Europameister" und zugleich sinke die Arbeitslosigkeit. Bei der Deregulierung sieht er dagegen noch Luft nach oben. Trotz der guten Konjunktur sei global gesehen leider nicht alles gut: Schaller nannte drohende Handelskriege, US-Riesen, die den digitalen Bereich beherrschen, China, das um jeden Preis aufsteigen wolle, Russland in Isolation und eine EU mit wenig Einigkeit in wichtigen Fragen. Wichtig sei, dass die Wirtschaft offen bleibe, denn „wer handelt, führt keine Kriege“. Die Rolle von Raiffeisen sei klar: „Raiffeisen ist der führende Partner der steirischen Wirtschaft. Jeden Tag ermöglichen wir elf Millionen Euro an frischen Finanzierungen für Investitionen.“
Export als Wachstums-Chance
„Der Aufschwung verläuft synchron, keine Volkswirtschaft in der OSZE schrumpft“, beschrieb Industriellenvereinigung-Chefökonom Christian Helmenstein die Gründe für die globale Hochkonjunktur. Zu mehr als 70 Prozent sei der Aufschwung von der Industrie getrieben. In Österreich steuere aber auch der Tourismus wichtige Impulse bei, weil sich Österreich zunehmend als Touristen-Destination etabliere. Die Steiermark sieht der Wirtschaftsökonom als "Österreichs Technologiepol" mit Wertschöpfungskernen in kleinen Städten und Gemeinden. Doch kamen auch mahnende Worte. Von der aktuellen Geldpolitik der EZB mit Negativzinsen dürfe man sich nicht zu Überinvestitionen verführen lassen. Ein Risiko ortete Helmenstein auch in einer Kreditblase in China.
Für 2018 erwartet der Ökonom eine "robuste konjunkturelle Entwicklung, die aber nächstes Jahr nicht mehr so gut ausfallen wird". Mit ein Grund dafür sei der Fachkräftemangel. Für die heimischen Unternehmen sieht Helmenstein weiterhin große Chancen im Export: „Unternehmen brauchen eine Exportstrategie, um die Potenziale in den richtigen Ländern auszuschöpfen.“ Potenzial erkennt der Ökonom auch für die starke steirische Holzwirtschaft bei einem intensiveren Innovationsaustausch mit Italien und Osteuropa.
Plädoyer für ein offenes Europa
IV-Präsident Georg Knill betonte die Bedeutung eines offenen Europas und sieht etwa in der Abschottung gegenüber Russland viele Nachteile für die heimische Wirtschaft. Für die neue Regierung fand Knill lobende Worte, weil sie keine neuen Steuern einführen und Regulierung sowie Bürokratie abbauen wolle. Es seien richtige Schritte gesetzt worden. Bedenklich sieht der IV-Präsident den herrschenden Fachkräftemangel, dem man auf allen Ebenen entgegentreten müsse.
Banken sind der Blutkreislauf der Wirtschaft“
Einen nach wie vor starken „Zug nach Europa“ sieht RBI-Generaldirektor Johann Strobl, was der Dynamik in diesem Wirtschaftsraum gut tut. Was das künftige Zinsniveau betrifft, erwartet Strobl erst Mitte 2019 erste konkrete Schritte der EZB, die angesichts der Wirtschaftsdaten überfällig seien. Die heimische Industrie sieht er sehr bonitäts- und ertragsstark und somit für eine Normalisierung des Zinsniveaus sehr gut aufgestellt.
Mehr Europa und starke EU-Handelsabkommen
„Im globalen Umfeld brauchen wir mehr Europa und eine stabile Wirtschafts- und Währungsunion“ erklärte Marc Fähndrich von der Vertretung der EU-Kommission in Wien. Daher benötige man starke EU-Handelsabkommen und eine gemeinsame Außenpolitik, um in einer multipolaren Welt ernsthaft wahrgenommen zu werden. Im Inneren müssten Zukunftsinvestitionen gefördert und Strukturreformen angegangen werden. Die Steiermark profitiere als Exportregion durch eine starke EU besonders stark.