IGA: Lokale Genossenschaften fit für das EDV-Zeitalter?

21.01.2015

Das Internationale Institut für Genossenschaftsforschung im Alpenraum (IGA) veranstaltete Mitte November im südtirolerischen Brixen seine 18. Genossenschaftstagung. Thema: die lokale Verwurzelung von Genossenschaften im Zwist mit einer grenzenlosen Informationstechnologie.

In der Genossenschaftsdiskussion wird der örtlichen Nähe und der regionalen Verbundenheit bis heute ein besonders hoher Stellenwert beigemessen. Dem stehen aber immer mehr Entwicklungen der Informationstechnologie gegenüber, die mit den inzwischen schon weit verbreiteten "social-media" noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht haben. Was hat dies für Auswirkungen auf die Genossenschaften? Versinkt der viel gepriesene Vorteil der Kundennähe in die Bedeutungslosigkeit? Sind die schon derzeit von Genossenschaften angewandten Maßnahmen ausreichend, um auch für die Zukunft gerüstet zu sein? Diesen Fragen gingen die Referenten der 18. IGA-Tagung am 14. November im Veranstaltungszentrum Forum Brixen in Brixen in Südtirol unter dem Generalthema "Lokale Verwurzelung und grenzenlose Informationstechnologie - ein unternehmerisches Dilemma für Genossenschaften?" nach.

Elektronische Beziehungen verstärken

Nach einem wissenschaftlichen Input durch Alexander Jungmeister, dem Geschäftsführer des Instituts für Unternehmensrecht an der Universität Luzern, der in seinem Impulsreferat "Clicks or bricks - die Facebook-Herausforderung" nicht nur aktuelle Trends darlegte, sondern u. a. auch die genossenschaftliche DNA besonders hervorhob, waren Praktiker aus dem Genossenschaftsbereich am Wort. Jungmeister sieht in der aktuellen Entwicklung im Wesentlichen drei Herausforderungen, nämlich das Erfordernis zur Implementierung moderner Tools zur Stärkung des elektronischen Beziehungsmanagements, das Erfordernis zur Umwandlung von Bankenstandorten mit nüchternen Geschäftsräumen in lebendige Kommunikationszentralen und - nicht zuletzt - das Erfordernis zur Steigerung der Kosteneffizienz.

Bankkunden verlangen neue Technologien

Gerd Keysberg, zuständig für Marketing und Produktentwicklung bei der Fiducia IT AG, sowie Bernhard Pompl, Abteilungsleiter für IT/DV-Organisation beim Genossenschaftsverband Bayern, präsentierten in ihrem Co-Referat "Wohin entwickelt sich die Bankinformatik" die aktuellen und teilweise schon umgesetzten Konzepte über die Weiterentwicklung der Bankinformatik. Rasante Veränderungen im Kundenverhalten sowie des gesamten Marktumfeldes verlangen neue Technologien, um mit den Kundenwünschen Schritt zu halten. Bestehende Finanzmanager-Programme werden weiter ausgebaut und es stellt sich bereits die Frage, inwieweit das Smartphone die Zahlung mit der EC-Card ablöst.

Stärke im Netz und ganzheitliche Beratung

Was bereits alles möglich ist, zeigte Horst Amon, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Seebachgrund im Großraum Nürnberg, am Beispiel seiner Raiffeisenbank in seinem Vortrag "Mit webErfolg in die Zukunft" auf. Das stark steigende Kundenverlangen nach digitalen Vertriebskanälen konnte mit dem Konzept webErfolg umgesetzt werden, welches für weitere Entwicklungen noch genügend Potential bietet. Aus genossenschaftlicher Sicht ist es allerdings notwendig, dieses Konzept mit der ganzheitlichen Beratung in Einklang zu bringen.

Lagerhaus im digitalen Zeitalter

Aus einem anderen Bereich, nämlich aus der Sicht der Lagerhausgenossenschaften, legte Klaus Goldmann, Bereichtsleiter Marketing bei der RWA Raiffeisen Ware Austria AG, die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe in seinen Ausführungen zu "Alles digital oder was? - Das Lagerhaus im digitalen Zeitalter" vor, welche sich mit den Auswirkungen des wachsenden "Internet-shoppings" und den daraus abzuleitenden Marketingmaßnahmen beschäftigte. Da der traditionelle Handelskäufer immer mehr zum Online-Käufer mutiert, müssen zwischen den Ergebnissen aus der Produktsuche im Internet direkte Brücken zur Lage des nächstgelegenen Lagerhausstandortes geschaffen werden.

Bank wird zum Erlebnis

Abgerundet wurde die Tagung mit einem äußerst beeindruckenden Überblick von Peter Erlebach, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Genossenschafts-Verlags eG, über die neuesten Konzepte zur "Erlebnisbank", wobei es neben den räumlichen Voraussetzungen auch notwendig ist, alle Kanäle miteinander zu vernetzen, um so zum "Omnikanalbanking" zu kommen.

In der anschließenden Diskussion unter der Leitung von Dr. Andrea Karner, Chefredakteurin von "Cooperativ", einem Magazin des Österreichischer Genossenschaftsverband, hatten die Teilnehmer noch die Möglichkeit, mit den Vortragenden im direkten Kontakt so manches noch zu vertiefen bzw. zu ergänzen.