Genossenschaftsbanken bauen auf Werte und Lebendigkeit

04.03.2013

Im Rahmen der 5. Jahrestagung des Europäischen Verbandes der Genossenschaftsbanken (EACB) präsentierte das Oliver-Wyman-Institut seine Studie über die Zukunft des Genossenschaftsbankwesens in Europa. „Bauen auf Werte und Lebendigkeit“ sei das Motto europäischer Genossenschaftsbanken.

Die Kundennähe bleibt der zentrale Erfolgsfaktor der Genossenschaftsbanken, zu diesem Ergebnis kommt die neue Studie. Die Genossenschaftsbanken würden zudem wesentlich zur Vielfalt und damit zur Stabilität im Europäischen Bankwesen beitragen, stünden aber angesichts der sich ändernden Rahmenbedingungen auch selbst vor großen Herausforderungen.

Obwohl sich der Kenntnisstand über Genossenschaftsbanken in den letzten Jahren erhöht hat, sei deren Bedeutung und Eigentümerstruktur noch nicht immer überall bewusst. Genossenschaftsbanken hätten die Krise im Allgemeinen besser gemeistert und weniger Staatshilfe beansprucht als ihr Marktanteil vermuten lassen würde, so die Studienautoren. Effektivität im Wettbewerb mit anderen Modellen und Kosteneffizienz werden ausschlaggebend für den langfris­tigen Erfolg sein.

Als Vorteile des genossenschaftlichen Modells werden das Kapital und Risiko, die Kundenorientierung und der Geschäftsmix identifiziert. Denn im Gegensatz zu Investor-basierten Kapitalbasis verfügen Genossenschaftsbanken mit Mitgliederbeteiligung über eine andere Kapitalquelle, wodurch sich ein konservativerer Umgang mit Risiko ergibt. Langfristige Kundenbeziehungen stehen im Zentrum aller Entscheidungsprozesse. Aufgrund der Kundennähe haben Genossenschaftsbanken eine natürliche Ausrichtung auf die Realwirtschaft und lokale Märkte. Deshalb haben die Genossenschaftsbanken auch in der Krise das Kreditangebot stabil gehalten.

Die genossenschaftlichen Strukturen enthalten aber auch Herausforderungen für Banken und Aufseher. Die Verwaltungsstrukturen seien für Außenstehende schwer zu durchschauen, deshalb müssten die Genossenschaftsbanken die Kontrollsysteme und Managementfähigkeiten auf allen Ebenen stärken. Die neuen Regulierungsvorschläge seien auf Standard-Aktiengroßbanken ausgerichtet, daher bestehe ein erhöhter Kommunikationsbedarf für dezentrale Genossenschaftsbanken. Auch der Implementierungsprozess gestalte sich aufwendiger, so die Studie.

Große Aktienbanken konnten nach der Krise einfacher Kapital aufbauen, daher nimmt der Wettbewerb um Spareinlagen zu. Aufgrund der hohen Loan-Deposit-Ratios habe Liquiditätsmanagement bei Genossenschaftsbanken weiterhin eine hohe Priorität. Aktuelle Regulierungsmaßnahmen (z. B.: OTC-Derivatehandel, gemeinsame Aufsicht) könnten Auswirkungen auf die Sektorgestaltung haben.

Die Empfehlung für genossenschaftliche Bankstrukturen ist die Wiederbetonung genossenschaftlicher Werte insbesondere gegenüber dem Regulator, Investoren und Kunden. Durch den Fokus auf qualitativ hochwertigste Servicestandards und eine entsprechende Produktpalette sollten Kunden den „genossenschaftlichen Unterschied“ spüren.

Die Studie empfiehlt weder die Einführung eines bestimmten Genossenschaftsmodells noch die Kopie von Aktienbankstrukturen. Dennoch sei eine Straffung der Strukturen, ein spezifischer Fokus auf Risiko und Finanzierungsressourcen sowie kontinuierliche Weiterbildung der Verantwortungsträger bedeutsam.

Auch das operative Geschäftsmodell müsse überprüft werden. Steigender Kos­tendruck und Rechtsbefolgungskosten stellen auch für die Genossenschaftsbanken eine Hürde dar, insbesondere aufgrund der Vielzahl an Niederlassungen. Der Profitabilitätsdruck könnte zu folgenden Maßnahmen führen: kontinuierliche Rationalisierung von Filialen, Konsolidierung kleinerer Einheiten, Zentralisierung der Dienstleistungen ohne direkten Kundenkontakt, bei Aufrechterhaltung lokaler Entscheidungsfindung und Kundennähe.