"Genossenschaften müssen zu einem Erlebnis werden"

21.08.2015

Die Aktualität von Genossenschaften in der heutigen Zeit und die Auswirkungen der Wirtschafts-, Währungs- und Zinsentwicklung auf die Raiffeisenbanken und Genossenschaften: So lauteten die Themen der Funktionärsplattform des Raiffeisenverbandes Steiermark Mitte Juni in Frohnleiten.

Hochkarätig besetzt war die zweite Funktionärsplattform des Jahres am 17. Juni im Volkshaus Frohnleiten. Gut 130 Eigentümervertreter steirischer Raiffeisen-Genossenschaften kamen in die malerische Kleinstadt im Norden von Graz, um den Ausführungen von Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek sowie von Justus Reichl, dem Leiter der Stabstelle „Genossenschaft – Strategie und Perspektiven“ im Österreichischen Raiffeisenverband, zu folgen.

Genossenschaften als Erlebnis

Der Frage, ob Genossenschaften Schnee von gestern oder eine Chance für morgen sind, versuchte Genossenschaftsstratege Justus Reichl nach einer anfänglichen Kennenlern-Runde der Funktionäre auf den Grund zu gehen. Die Rechtsform der Genossenschaft als Gründungsidee von Raiffeisen müsse künftig stärker zum Erlebnis gemacht werden, forderte Reichl. "Je besser es gelingt, Menschen einzubinden und ein Erlebnis zu vermitteln, desto leichter werden wir uns am Markt bewegen", so Reichl. Bislang würden Genossenschaften trotz positiver Grundeinstellung der Bevölkerung eher als traditionell wahrgenommen werden, wie aktuelle Umfragedaten es zeigten. "Anstatt zu erstarren, muss die Genossenschaft unser Wettbewerbsvorteil sein und für Mitglieder sowie Kunden spürbar werden." Der eloquente Oberösterreicher forderte auch alle anwesenden Funktionäre auf, ihre Rolle als Genossenschaftsbotschafter aktiv in der Bevölkerung wahrzunehmen.

Eine Chance sieht Justus Reichl auch in der starken Marktposition von Raiffeisen mit einer hundertprozentigen Bekanntheit. "Je mehr direkten Kontakt die Menschen mit Raiffeisen bislang gehabt haben, umso besser ist ihr Eindruck", verweist der ÖRV-Stabstellenleiter auf Erfahrungs- Umfragewerte. Selbst wenn einzelne schlechte persönliche Erfahrungen gemacht hätten oder Raiffeisen als zu dominant wahrnehmen würden, sei der allgemeine Eindruck von Raiffeisen generell überwiegend positiv. Wichtig sei es für Reichl ebenso, dem Vertrauensvorschuss durch Einhaltung des Markenversprechens unter dem Motto "Regional, digital, überall" gerecht zu werden.

Volkswirtschaftlich herausfordernde Zeiten für Banken

In naher Zeit keine Entspannung der Zinssituation konnte Peter Brezinschek, Leiter der volkswirtschaftlichen Analyseabteilung Raiffeisen Research der Raiffeisen Bank International, den anwesenden Funktionäre in Aussicht stellen. Durch die ultra-lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank werde des tiefe Zinsniveau auch 2016 anhalten.

Den Ölpreiseinbruch beurteilte der Experte für die Eurozone als uneingeschränkt positiv: "Der Rückgang des Ölpreises wirkt wie eine starke Steuersenkung und trägt zur Konjunkturbelebung bei. Mit den USA als Wachstumsmotor sollte es im Jahresverlauf zu einer wirtschaftlichen Erholung der Eurozone kommen", so Brezinschek. Zahlreiche Fragen der interessierten Eigentümervertreter richteten sich zum viel diskutierten Dauerbrenner Griechenland. Für Brezinschek stellte sich das zuletzt erlebte böse Erwachen als keine Überraschung dar: "Griechenlands Wirtschaft weist nur mangelnde Wettbewerbsfähigkeit auf und die griechischen Exporte hinken seit Krisenausbruch deutlich hinterher."

Ausdrücklicher Sektorappell

Einen ausdrücklichen Appell an die zahlreich erschienenen Funktionäre richtete der Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, Wilfried Thoma, in Sachen Eigenmittel. Im Sinne des Eigenmittelverbundes sollten alle Möglichkeiten zum Lukrieren von Eigenmitteln ausgenützt werden und ein gemeinschaftliche Sektordenken vorangestellt werden.

Die passende Grundausrüstung für die Badesaison - ein Handtuchset - durfte sich Norbert Zottler aus den Händen von Verbandsdirektor Heinrich Herunter abholen: Der Obmann der Raiffeisenbank Nestelbach-Eggersdorf lag beim Schätzspiel am nähesten und hat das bei den steirischen Primärbanken eingelegte Kundensparvolumen fast genau erraten.