Raiffeisenverband zelebriert "Jahr der Genossenschaften"

29.09.2012

Ganz im Zeichen des von der UNO ausgerufenen „Internationalen Jahres der Genossenschaften 2012“ stand der diesjährige Verbandstag des Raiffeisenverbandes Steiermark. Die steirischen Genossenschaften haben sich als krisenfeste Wirtschaftsform bewährt. Als „Erfolgsmodell mit Zukunft“ erwartet man zahlreiche Neugründungen.

Rund 450 Gäste waren wieder in den Grazer Messe Congress zum alljährlichen Verbandstag des Raiffeisenverbandes Steiermark gekommen. Dieser stand diesmal unter dem Motto „kooperieren+profitieren – Erfolgsmodell Genossenschaft“. Der Einladung von Verbandsobmann Franz Titschenbacher, der auch durch die Veranstaltung führte, waren unter anderem Landesrat Johann Seitinger, Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski, der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl sowie die Landtagsabgeordneten Eva-Maria Lipp, Erwin Dirnberger und Eduard Hamedl gefolgt. Selbstverständlich durfte auch die gesammelte Raiffeisen-Familie mit dem RLB-Vorstandsteam an der Spitze nicht fehlen.

„Genossenschaften zeigen, dass es möglich ist, Wirtschaftlichkeit mit sozialer Verantwortung zu verbinden.“ Mit diesen Worten von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon wies Verbandsobmann Franz Titschenbacher gleich zu Beginn des Verbandstages auf die weltweite Bedeutung von Genossenschaften hin. Immerhin sind weltweit fast 900 Millionen Menschen Mitglieder in Genossenschaften.

Das stabile Gleichgewicht zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung auf demokratischer Basis mache Genossenschaften daher auch zu einem bedeutenden Wirtschaftsmodell des 21. Jahrhunderts, so Titschenbacher. Trotz dieser positiven Zukunftsaussichten appelliert der Verbandsobmann, ein modernes europäisches Genossenschaftsrecht zu schaffen, und verlangt vermehrt Maßnahmen zur Verbesserung des Images von Genossenschaften.

In seinem Bericht unterstrich Verbandsdirektor Heinz Herunter, dass sich Genossenschaften nicht nur wegen der gesetzlichen Revision, sondern vor allem wegen ihrer langfristigen, regionalen Ausrichtung als deutlich insolvenzresistenter erwiesen haben als andere Rechtsformen. Als wirtschaftliche Antwort in der gegenwärtigen Krisenzeit setze man zukünftig verstärkt auf die Gründung neuer Genossenschaften, so Herunter. „Wer kooperiert, profitiert!“ lautet das Motto einer neuen Offensive.

Eine differenzierte Vorgehensweise fordert der Verbandsdirektor bei der Schaffung einer europäischen Bankenunion. Hier gelte es, die Besonderheiten regionaler Banken mit geringeren Risiken zu berücksichtigen. Auch spricht sich Herunter gegen die Einführung eines europaweiten Haftungsverbundes ohne vorherige Schaffung einer Fiskalunion aus. „Eigenmittel, die über mehr als 100 Jahre mit konservativen Geschäften angehäuft wurden, dürfen nicht risikofreudigen Banken in schwachen Ländern zu Gute kommen.“

Hervorgehoben hat Herunter auch das beachtliche Steueraufkommen der steirischen Raiffeisen-Genossenschaften im Jahr 2011. An den Fiskus wurden über 90 Millionen Euro abgeliefert.

Der von Herunter vorgestellte Jahresabschluss des Raiffeisenverbandes für 2011 hob trotz der wirtschaftlich allgemein turbulenten Zeiten die kostenbewusste Unternehmensführung des Non-Profit-Unternehmens hervor.

In einer bunt besetzten Diskussionsrunde unter der Leitung von Bernadette Tischler diskutierten Vertreter aus dem In- und Ausland über Herausforderungen bei der Gründung von Genossenschaften, Möglichkeiten zur Förderung von Mitgliedern, Chancen und Risiken sowie die Zukunftsaussichten der Rechtsform Genossenschaft.
In Sachen Neugründungen könne man sich in Österreich abgesehen von liberaleren Bestimmungen speziell in der Beratung und Vermarktung noch etwas vom Boomland Bayern abschauen, ließ Gründungsexperte Klaus Hein vom Genossenschaftsverband Bayern erkennen.

Bestätigt wurde dies von Roland Seepacher, dem Gründungsobmann der ersten österreichischen Photovoltaik-Genossenschaft „Mds - Mit der Sonne eGen“ in Judendorf-Straßengel. Er setzt bei seiner Genossenschaft auf verstärkte Mitsprache der Mitglieder im Gegensatz zu klassischen Bürgerbeteiligungsmodellen. Als Grund für die Wahl gerade dieses Geschäftsmodells nannte er: „Ein Kopf, eine Stimme. Alle sind gleichberechtigt.“

Für Raiffeisenbanken gelte es, trotz immer stärker werdenden Kostendrucks durch innovative Lösungen die Nähe zum Kunden aufrecht zu erhalten, betonte der Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Mittleres Mürztal, Hubert Stieninger. „Unser Geschäftsmodell basiert auf Sicherheit, Regionalität und Nachhaltigkeit. Bei uns sind Kunden und Mitglieder fast ident. Wir machen viel für die Region und helfen mit, dass sich Orte und Regionen weiter entwickeln“, erklärte Stieninger.

Dass man die Idee der Genossenschaft auch exportieren kann, das bekundete der kosovarische Genossenschaftspionier Mustafe Kastrati. Mit Hilfe von Raiffeisen und dem österreichischen Bundesheer gründete er in seiner Heimat Genossenschaften, damit sich die Menschen nach Krieg und Zerstörung neue Existenzen aufbauen können. „Unsere ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ greift. Wir haben bereits erste Erfolge bei Wasser- und Honigmelonen sowie bei Paprika. Das spornt unsere Leute enorm an.“ Genossenschaftsverband gibt es im Kosovo übrigens noch keinen, der soll aber bald entstehen.

Wie schon in den beiden Jahren zuvor war der Verbandstag auch wieder dem Genossenschaftswesen einer steirischen Region gewidmet. Diesmal präsentierte sich das Mur-/Mürztal mit seiner genossenschaftlichen Vielfalt sowohl in Wort als auch in Bildern mittels eines 13-minütigen Filmes bzw. mit seinen regionalen Köstlichkeiten beim anschließenden Buffet.

Sämtliche Fotos vom Verbandstag finden Sie hier.