Raiffeisen muss auf den „Trumpf Genossenschaft" setzen

01.12.2023

Fachliche und geschäftspolitische Themen hatte die Funktionärsplattform des Raiffeisenverbandes Steiermark am 17. November in Deutschlandsberg in einem bunten Programm zu bieten. Rund hundert Eigentümervertreter:innen der steirischen Raiffeisen-Genossenschaften waren gekommen.

Die Koralmhalle in der weststeirischen Bezirkshauptstadt Deutschlandsberg war Mitte November zum ersten Mal Austragungsort der Funktionärsplattform, der Informations- und Netzwerkdrehscheibe für die ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funktionäre der Raiffeisen-Genossenschaften in der Steiermark.

Die erste Halbzeit der Veranstaltung, die von Sandra Suppan moderiert wurde, war ganz fachlichen Bankthemen gewidmet. So stimmte der gebürtige Steirer Gernot Hinterleitner, nun für die Raiffeisen Bank International führend im Bereich der Risikoanalyse tätig, auf die mit den internationalen Nachhaltigkeitszielen verbundenen Herausforderungen für die Kreditwirtschaft ein. "Der Druck und die Zielvorgaben auf die Finanzwirtschaft steigen massiv", so der Experte zum Thema Nachhaltigkeit, bei dem den Banken europaweit von der Politik eine Vorreiterrolle vorgegeben wurde. Als Kreditinstitut müsse man sich schon jetzt darauf einstellen, dass die Einhaltung der ESG-Ziele (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) seitens der Kunden schon bald neben der Einstufung der Bonität gesamthaft in die Kundenbeurteilung bei der Kreditvergabe einfließen werde. "Dadurch werden wir unsere Kunden noch viel besser kennenlernen und analysieren müssen als jetzt." Andernfalls werde die Wettbewerbsfähigkeit der Banken darunter leiden, erläutert Hinterleitner mit Blick auf die Vorgaben der Aufsichtsbehörde.

Heißes Eisen Geldwäscherei

Mit klaren Informationen für die Funktionäre konnte der Geldwäscherei-Experte des Raiffeisenverbandes Steiermark, Wolfgang Potocnik, aufwarten. "Geldwäscherei ist ein Thema, das man als Bank nicht unterschätzen darf. Ganz im Gegenteil." Dabei bezog sich Potocnik zu einen auf die restriktive Haltung der Finanzmarktaufsicht (FMA) zu diesem Thema als auch die nicht zu unterschätzende Anzahl an verdächtigen Transaktionen. Diese zu erraten, war auch die Aufgabe der rund hundert anwesenden Funktionär:innen beim kultigen Schätzspiel der Plattform. Für die Sieger gab es kleine Präsente, für alle Teilnehmer von Potocnik klar formulierte Vorgaben für Prüfungshandlungen in den Raiffeisenbanken.

Zukunftspotenzial Energie

Das Potenzial von Energiegenossenschaften zur Stärkung der Regionen stellte Armin Friedmann, der Leiter des Kompetenzzentrums Genossenschaft im Raiffeisenverband Steiermark, in den Mittelpunkt seines Impulsvortrages. Diese würden die Unabhängigkeit erhöhen, den Umweltgedanken fördern und den Teilnehmern es ermöglichen, den Strompreis selbst festzulegen. "Jetzt ist es die Gelegenheit voranzugehen, das Heft in die Hand zu nehmen und die Regionen zu fördern", motivierte Friedmann die Anwesenden mit Verweis auf den genossenschaftlichen Förderauftrag der einzelnen Genossenschaften.

In dieselbe Kerbe schlug Steffen Wirth von der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, der gemeinsam mit einzelnen steirischen Raiffeisenbanken bereits erfolgreich erste Energiegemeinschaftsprojekte umgesetzt hat. Dafür gäbe es inzwischen ein fertiges Konzept, das man in der gesamten Steiermark unter Berücksichtigung der unterschiedlichsten regionalen Gegebenheiten umsetzen könne. Bestätigt wurde Wirth von Günter Krainer, dem Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Schilcherland und gleichzeitig Obmann der Energiegenossenschaft Region Deutschlandsberg UM4. Er erzählte aus dem Nähkästchen über die herausfordernde Pionierarbeit, die letztlich aber sehr viele Vorteile für Raiffeisen bringe und ganz neue Möglichkeiten biete.

Genossenschaft als Trumpf

Ganz auf die "Trumpfkarte" der Rechtsform Genossenschaft möchte in Zukunft der im März bestellte neue Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes, Johannes Rehulka, setzen. Er nahm den weiten Weg von Wien in die Weststeiermark auf sich, um die Raiffeisen-Funktionär:innen über seine Ziele aus erster Hand zu informieren und darüber zu diskutieren. "Raiffeisen muss zum einen aufzeigen, was wir im Land bewegen und für das Land leisten", kündigt Rehulka einen Wertschöpfungsbericht der Raiffeisen-Gruppe an. Andererseits gelte es, die Vorteile und Stärken der Rechtsform Genossenschaft stärker zu kommunizieren. Die Grundwerte der Genossenschaft seien gefragter denn je, so Rehulka. Auch stecke in keiner größeren heimischen Bank so viel "Österreich" wie bei Raiffeisen.