ÖRV-Infotagung: Kraft der Gemeinsamkeit als Chance

12.02.2016

Die 52. Informationstagung des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV) für Spitzenfunktionäre aller Sparten fand heuer Ende Jänner in Innsbruck statt und stand unter dem Motto "Chancen nutzen!". Zentrales Thema: die künftige Sektorentwicklung.

Die vom ÖRV und dem Raiffeisen Campus organisierte dreitägige Informationstagung bringt jedes Jahr Spitzenfunktionäre aus allen Bundesländern und Sparten zusammen, um gemeinsam mit hochrangigen Vertretern des Raiffeisensektors, aber auch mit externen Experten aus Politik und Wirtschaft über Zukunftsthemen zu diskutieren. Nicht nur die europäische Bankenunion, auch neue Technologien, ein geändertes Kundenverhalten oder innovative Geschäftsmodelle neuer Wettbewerber stellen Raiffeisen-Unternehmen aller Sparten vor neue Herausforderungen.

"Veränderung ist in vielen Bereichen bei Raiffeisen spürbar. Die Tagung soll dazu beitragen, Mut zu fassen, die Chancen rechtzeitig zu erkennen und auch zu nutzen", umriss Matthias Breiteneder, einer der beiden Geschäftsleiter des Raiffeisen Campus und gemeinsam mit Sabine Ransböck Moderator der Veranstaltung, die Zielsetzung der Info-Tagung. Um die Zukunft erfolgreich zu gestalten, laute das Gebot der Stunde bei Raiffeisen Professionalität, ergänzte ÖRV-Generalsekretär Andreas Pangl. Im besonderen Maße gelte dies für die Ausbildung der Mitarbeiter und Funktionäre, denn dies sei eine "nachhaltige Investition in die Zukunft".

Die Raiffeisen-Familie sieht der Generalsekretär insgesamt gut aufgestellt: "Unser Geschäftsmodell ist attraktiv, wir müssen aber weiterhin unsere Hausaufgaben machen." Denn das wirtschaftliche Umfeld sei quer durch alle Sparten herausfordernd. "Am Ende eines sicherlich oft schmerzhaften Veränderungsprozesses werden gerade nachhaltige Geschäftsmodelle überleben. Und ich bin überzeugt, wir werden dazugehören", gab Pangl den Spitzenfunktionären mit. Nicht zuletzt deshalb habe der ÖRV mit der Imagekampagne "Bewusst Raiffeisen" die Vorteile des genossenschaftlichen Modells - die Kundennähe und die Stärke im Verbund - wieder stärker in den Vordergrund gerückt.

Aufbruchstimmung

Auch Generalanwalt Walter Rothensteiner sieht in der Rechtsform der Genossenschaft "eminente Vorteile", wenngleich sich auch Genossenschaften weiterentwickeln müssten, um stets eine zeitgenössische Form zu finden. Auch jetzt sei eine gewisse "Aufbruchstimmung" bei Raiffeisen zu spüren. "Genossenschaft funktioniert vor Ort in der Region", weiß der Generalanwalt. "Hilfsbetriebe" auf Landes- und Bundesebene müssten bereits per Definition Sorge tragen, dass diese Primärgenossenschaften auch funktionieren könnten. Während die Ware bereits zukunftsweisende Maßnahmen gesetzt habe, seien im Bankensektor bei Raiffeisen noch Veränderungen zu erwarten: "Wir müssen uns kostenmäßig so aufstellen, dass wir uns die Dreistufigkeit auch leisten können", betonte Rothensteiner.

Viele Bereiche, von denen der Kunde gar nichts merke, könnten effizienter aufgesetzt werden, ohne die lokale Bedeutung einer Landesbank zu schmälern. "Kooperation auf allen Ebenen" laute das Schlagwort, Abwicklungssysteme an mehreren Stellen seien nicht sinnvoll, mahnte der Generalanwalt konkrete Strukturmaßnahmen ein: "Es muss unser Antrieb sein, aus eigener Kraft über unsere Zukunft zu entscheiden. Bis zur Jahresmitte sollte es erste Grundsatzentscheidungen geben."

Nichtsdestotrotz habe sich auch bei Raiffeisen schon einiges verändert, erinnerte Rothensteiner etwa an zahlreiche Fusionen von Raiffeisenbanken oder an das Projekt Zukunft-Plus bzw. die Integration der Verbundunternehmen in die RZB oder an das laufende Restrukturierungsprogramm bei der RBI. Zufrieden sei er auch, dass das Thema "Digitalisierung" Fahrt aufgenommen habe. Denn: "Electronic Banking ist zu wenig", ist der technikaffine Generalanwalt sicher.

Gemeinsam und konsequent

Das Heft selbst in die Hand zu nehmen ist auch für RZB-Vorstand Michael Höllerer das Gebot der Stunde: "Es liegt an uns, zu gestalten. Das Wichtige ist, eine Identität und ein Profil zu haben. Das sind bei Raiffeisen die genossenschaftliche Grundstruktur und die Kundennähe. Sich nur auf die Aufsicht auszureden, wird nicht reichen", so der RZB-Vorstand.

Bei der EZB stünden die Themen Governance bzw. Struktur, Kapital und Profitabilität jedenfalls auf der Liste ganz oben. Die Antwort im Bereich Governance seien "klare Strukturen, die sich selbst halten und stabil sind. Die Raiffeisenbanken sind dabei das Rückgrat der Raiffeisen-Bankengruppe", betonte Höllerer. Beim alles beherrschenden Thema Kapital gehe es neben den quantitativen Anforderungen auch um die externe Kapitalaufnahmefähigkeit.

Noch immens viel Potenzial sieht der RZB-Vorstand in Sachen Profitabilität. Durch noch engere Zusammenarbeit gelte es Synergien zu heben. "Wie können wir uns so aufstellen, dass wir regulierungsfest sind?", formulierte Höllerer eine zentrale Aufgabenstellung für den Sektor. Für Höllerer sind zwar einige Aufsichtsthemen nachvollziehbar, Überbürokratie und ideologisch motivierte Eingriffe und Einzelaktionen gilt es aber zu verurteilen. Die Mehrkosten für die RZB-Group aus Regulierung und politischen Eingriffen im Zeitraum 2010 und 2019, also der angepeilten Vollendung von Basel III, dürften im Milliardenbereich zu liegen kommen.