Mit Trennung der Geschäfte werden die Wölfe eingezäunt

03.06.2013

Erkki Liikanen ermittelte für die Europäische Kommission den Reformbedarf der EU-Bankenstruktur. Beim EU-Sky Talk der RZB präsentierte der finnische Notenbank-Präsident seine Erkenntnisse.

Risikoreiche Finanzgeschäfte sollen vom Einlagengeschäft rechtlich getrennt werden, damit die EU-Bankenstruktur robuster, das Ansteckungsrisiko verringert, die Abwicklungsfähigkeit verbessert und somit die Haftung der Steuerzahler für marode Banken in Grenzen gehalten wird. Acht Monate hat es gedauert, bis die hochrangige Expertengruppe rund um Erkki Liikanen zu diesem Ergebnis kam, das allerdings keinesfalls das Ende der Universalbanken bedeutet. "Wir wollen, dass Banken weiterhin alle Aktivitäten durchführen und den Kunden ‚One-Stop-Banking’ bieten“, betont Liikanen.

Anders als die britischen Reformvorschläge von John Vicker sollen das separierte Handels- und das Einlageninstitut durch eine Bankholding-Struktur innerhalb einer Gruppe verbleiben. "Vicker will die Schafe einzäunen, wir wollen die Wölfe einzäunen“, verbildlicht Liikanen. Sein Vorschlag nehme die größten Schwächen des Bankensektors in Angriff, lasse die Hauptvorteile des Universalbankensystems aber unangetastet und erlaube eine Vielzahl von Geschäftsmodellen - auch jenes der Genossenschaftsbanken.

Die Trennung der Tätigkeiten soll verbindlich vorgeschrieben werden, wenn Eigenhandel und andere riskante Aktivitäten über 15 bis 25 Prozent der Bilanzsumme hinausgehen oder den Schwellenwert von 100 Milliarden Euro übersteigen. Würden diese Schwellen beschlossen, würde sich für Raiffeisen nichts ändern, sondern lediglich die größten europäischen Banken müssten ihre Tätigkeiten gruppenintern abgrenzen.

"Die Reform der Bankenstruktur ist eine Ergänzung und kein Ersatz für andere regulatorische Verbesserungen“, stellt Liikanen klar. Allgemein kommt der Finne in seiner Bewertung des europäischen Bankensektors zu dem Schluss, dass sich in der Finanzkrise kein bestimmtes Geschäftsmodell besonders gut oder besonders schlecht bewährt hat, wenngleich die Expertengruppe in ihrem Bericht gleichzeitig festhält, dass die Präsenz von Genossenschaftsbanken einen positiven Einfluss auf das BIP-Wachstum in den jeweiligen Mitgliedstaaten hatte. Zu hohe Risiken, ein zu hohes Maß an kurzfristigen Finanzierungen, keine angemessene Eigenkapitalausstattung und eine zu starke Verknüpfung zwischen den Finanzinstituten hätten zu hohen Systemrisiken geführt.

Die Expertengruppe unterstreicht die Notwendigkeit, dass die Banken Sanierungs- und Abwicklungspläne aufstellen und fortschreiben, wie es die Kommission in ihrer Krisenmanagementrichtlinie BRR bereits vorsieht. Erscheinen die Pläne der Banken nicht glaubwürdig, sollte es ebenfalls zur strukturellen Trennung der Geschäfte kommen.

Erkki Liikanen setzt sich zudem mit Nachdruck für den Einsatz bestimmter Bail-in-Instrumente ein. Diese Verbindlichkeiten können im Insolvenzfall der Bank gekürzt und in Eigenkapital umgewandelt werden. Diese Schuldtitel sollten vorzugsweise außerhalb des Bankensektors gehalten werden, um die Komplexität und Vernetzung zu reduzieren. Liikanen denkt dabei an institutionelle Investoren wie Investmentfonds und Lebensversicherungen. Dass dadurch das systemische Risiko beseitigt wird, wird allerdings von anderen Experten bezweifelt.

Die Krisenresistenz der Banken soll sich insgesamt durch die neuen strengeren Eigenkapitalvorschriften erhöhen, betont Liikanen in seinem Report. Von der Idee, das Einlagengeschäft mit weniger Eigenkapital zu unterlegen, hält der Finne nichts: "Um die Widerstandsfähigkeit beider Institutsarten zu gewährleisten, muss jede für sich genommen allen geltenden Regulierungsanforderungen unterliegen.“

Die Expertenkommission regt schlussendlich auch an, die bereits durchgeführten Corporate-Governance-Reformen weiter auszubauen, also die Grundsätze zur Unternehmensführung zu verbessern. Wie die Europäische Kommission auf die Vorschläge reagiert, ist noch offen. Liikanen rechnet mit einem Regulierungsvorschlag der Europäischen Kommission Ende des Sommers 2013.