Konjunkturgespräch: "Stimmung ist die halbe Miete"

07.06.2016

Die ersten Sonnenstrahlen am Konjunkturhorizont ließen beim Raiffeisen-Konjunkturgespräch Anfang Juni in Raaba Zuversicht aufkommen. Gleichzeitig wurde klar, dass auf dem Weg zu mehr Wachstum noch viele Herausforderungen für die Bundesregierung anstehen.

Als Gast des diesjährigen Raiffeisen-Konjunkturgespräches am 1. Juni nannte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Themen Entbürokratisierung, Forschung und Bildung als dringendste Themen und wiederholte die Notwendigkeit eines „New Deals“ in der Zusammenarbeit der Bundesregierung. Raiffeisen-Generaldirektor Martin Schaller forderte ein „Sabbatical für Regulierer“, um Bürokratie abzubauen und kündigte eine Starthilfe für Jungunternehmer an. Industriellenvereinigung-Präsident Jochen Pildner-Steinburg erwartet sich von der Bundesregierung einen Schub für mehr Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Österreich. Und IV-Chefökonom Christian Helmenstein bestätigte einen „stillen Umschwung zum Guten“, der in der Allgemeinheit allerdings so nicht wahrgenommen würde.

Schlanker Staat und Investitionen

„Wir haben die Botschaft der letzten Wochen verstanden“, betonte der Vizekanzler und stellte die Schwerpunkte der künftigen Regierungsmaßnahmen vor: Es sind dies die Themen Deregulierung und Abbau der Bürokratie, Forschung und Bildung sowie massive Anstrengungen in Richtung Digitalisierung. Die schlechte Stimmungslage in Österreich führt Mitterlehner vor allem auch auf das Flüchtlingsthema zurück, das eher „Ängste in der Gesellschaft“ aufbaute. Nun gelte es, auf positive Signale – wie das erwartete Wachstum von 1,6 Prozent in 2016 und die Verbesserung Österreichs im internationalen IMD-Standortranking um zwei Plätze auf Rang 24 – aufzusetzen.

"Brauchen keine Superhelden"

Der Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, Martin Schaller, lobte die steirische Reformpartnerschaft als Vorbild für die Bundesregierung. Schaller: „Wir brauchen keine Superhelden in der Bundesregierung, sondern Menschen mit Bodenhaftung, die die Ärmel hochkrempeln. Diese sollte über Kompromisse zu echten Lösungen hinauskommen.“ An konkreten Maßnahmen wünscht sich der Raiffeisen-General ein „Sabbatical für Regulierer“, um unnötige Belastungen für Unternehmen abzubauen. „Wir setzen bei uns selbst an und werden in Kürze eine Starthilfe für Jungunternehmer anbieten.“ Dies sei eine Ergänzung zu den klassischen Finanzierungen von 7,2 Millionen Euro, die Raiffeisen Steiermark täglich an Krediten vergibt.

Vertrauen in Standort entstehen lassen

Jochen Pildner-Steinburg, der Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, warnte vor zu optimistischen Erwartungen, etwa durch das verbesserte Standortranking Österreichs. „Wir brauchen mehr Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Österreich und dazu konkrete Signale durch die Regierung.“ Wie Mitterlehner sieht Pildner-Steinburg die Digitalisierung als wesentliches Zukunftsthema. „Wir müssen anerkennen, dass es bei der Digitalisierung auch Ängste bei den Arbeitnehmern gibt. Nur durch Qualifizierung und offensives Zugehen auf diese Thematik können wir diesen begegnen und die Chancen nützen.“

„Reformen zahlen sich aus“

Der Chefökonom der Industriellenvereinigung brach eine Lanze für mutige Reformen. „Wer die anstehenden Herausforderungen tatsächlich angeht, wird vom Markt mit Vertrauen belohnt. Dieses Vertrauen mündet schließlich in Wachstum und Beschäftigung.“ Die Ausgangslage für Österreich sei grundsätzlich gut, denn es gäbe einen „stillen Umschwung zum Positiven“, der in der breiten Bevölkerung allerdings so nicht wahrgenommen würde. In Bezug auf die weitere Entwicklung der Realzinsen drückte der Ökonom die Erwartungen: „Wir werden wohl kaum noch positive Realzinsen sehen. Wir leben in einer anderen Welt als noch vor zehn Jahren.“