Konjunkturgespräch: Aufschwung durch Reformen
09.04.2015
Analysen, Perspektiven und ganz konkrete Vorhaben standen im Zentrum des 26. Konjunkturgesprächs am 8. April in der Raiffeisen-Landesbank Steiermark (RLB) in Raaba. Hochkarätig war die Liste an Rednern: Finanzminister Schelling, Wirtschaftsforscher Helmenstein, Budgetexperte Haber und der Hausherr, RLB-Generaldirektor Schaller.
Ein voller Saal in Raaba, viele Analysen und konkrete Projekte bildeten das diesjährige steirische Konjunkturgespräch 2015. RLB-Generaldirektor Martin Schaller betonte, die Banken seien der „unverzichtbare Blutkreislauf der Konjunktur“. Täglich werden von Raiffeisen 850 Kredite an die steirische Wirtschaft und an Private vergeben.“ Finanzminister Hans Jörg Schelling nahm die Politik selbst in die Pflicht, Reformen anzugehen und sich auf die Gestaltung der Zukunft zu konzentrieren, „sonst haben wir 2020 ein großes Problem“. Die Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein von der Industriellenvereinigung sowie Gottfried Haber betonten im Konjunkturausblick: „Es wird besser, aber wir sind nicht gut genug.“
Schaller: Raiffeisen sichert jeden 73. Arbeitsplatz
„Die wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung der Banken ist in den letzten Jahren aus dem Bewusstsein vieler Menschen geraten“, erläuterte Martin Schaller in seinem Einstiegsstatement und forderte ein, Banken differenziert nach ihrem Beitrag für die Gesellschaft und ihrer Qualität zu beurteilen. „Täglich kommen 24.000 Kunden in unsere steirischen Bankstellen, für die wir konkreten Nutzen bieten.“ 850 neue Kredite würden jeden Tag vergeben, womit ein Beitrag zur Wertschöpfung geleistet werde.
Schaller präsentierte auch Zahlen aus dem aktuellen Raiffeisen-Wertschöpfungsbericht, wonach Raiffeisen in der Steiermark 233 Millionen Euro an Steuern zahle und jeden 73. Arbeitsplatz sichere. Das sind 7000 Arbeitsplätze. Den Bankenbereich sieht der Generaldirektor überreguliert. „Es arbeiten mittlerweile mehr Menschen in der Abwicklung und Kontrolle als in der Kundenbetreuung. Dies ist weder für ein Wachstum noch für Kunden gut, weil künftig nicht alles durch Effizienzmaßnahmen abgefangen werden kann.“ Vor allem die Bankensteuer sei zu überdenken, die zehn Mal so hoch ist als in Deutschland.
Finanzminister: Optimismus fehlt
Minister Hans Jörg Schelling führte in seinem Referat bisherige Versäumnisse der österreichischen Politik an, benannte damit aber auch die künftigen Aufgaben. „Wir müssen in der Politik umdenken und von Verwalten auf Gestalten umstellen. Die Bürger erwarten sich keine Ankündigungen sondern zu Recht konkrete Ergebnisse“. Die Steuerreform sei ein gutes Beispiel einer neuen Kultur und würde konjunkturelle Anreize bringen. Sie sei aber nur der Anfang mehrerer Reformvorhaben. Nun müssten Reformen im Bereich der Verwaltung und Pensionen folgen. Dieser Handlungsbedarf bestehe auch auf europäischer Ebene, denn Europa habe nur sieben Prozent der Weltbevölkerung und nur 25 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, aber 50 Prozent der Sozialausgaben.
In Bezug auf das HETA-Zahlungsmoratorium bekräftigte Schelling die Lösung als „alternativlos“. Generell halte er die Banken „massiv überreguliert“, denn mehr Sicherheit könne auch durch andere Maßnahmen besser erfolgen. Schelling: „Manche meinen, die Banken seien an der Wirtschaftskrise schuld. Diese Meinung teile ich nicht. Banken müssen bei einem Anziehen der Konjunktur auch Spielraum erhalten, die wichtige Finanzierungsleistung zu erfüllen.“ In diesem Zusammenhang bestätigte der Finanzminister, dass es bezüglich der österreichischen Bankenabgabe Gespräche mit den Bankenvertretern gebe.
Wirtschaftsforscher: Wachstum in Österreich kommt langsam zurück
Der Wirtschaftsforscher und Chefökonom der Industriellenvereinigung, Christian Helmenstein, belegte an Hand der Reformländer Litauen, Lettland, Estland und Irland, dass frühzeitige, harte Reformen die Stagnationszeit verkürzen und zur schnelleren Rückkehr in die Wachstumsphase beitragen. Helmenstein: „Österreich hat sich leider von Deutschland abgekoppelt.“ Gründe seien die fehlenden Investitionen in Österreich sowie die abnehmende Verlässlichkeit Österreichs als Wirtschaftsstandort. „Dies belegen die Rückgänge der ausländischen Investitionen in Österreich.“
Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems analysierte, dass das niedrige Zinsniveau nicht zu mehr Investitionen führe. „Wenn die Sinnhaftigkeit der Investition bezweifelt wird, überzeugt auch der niedrigste Zinssatz nicht“. Haber betonte die große Bedeutung der Stimmung unter den Marktteilnehmern. Diese sei derzeit schlechter, als die eigentlichen Zahlen belegen. Auf die Steiermark bezogen zeige sich immer wieder, dass hier die Entwicklungen stärker niederschlagen als in anderen Bundesländern. Haber abschließend: „Wir werden entweder noch einige Jahre eine schleppende Konjunktur sehen oder eine sprunghafte Verbesserung.“