Konjunkturgespräch 2011: Mit Rucksäcken in die Zukunft
08.04.2011
Vorsichtiger Optimismus und ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die auf die Politik in den nächsten Jahren zukommen, prägten die 22. Auflage des von der Raiffeisen-Landesbank Steiermark (RLB) und dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) organisierten „Konjunkturgespräches Steiermark“. Tenor: Es geht weiter ruppig aufwärts, es bleibt noch viel zu tun!
Raiffeisen-Landesbank-Generaldirektor Markus Mair konnte sich auch beim diesjährigen RLB-WIFO-Konjunkturgespräch über eine neue Rekordkulisse freuen. Knapp 600 Gäste kamen heuer zu diesem Fixpunkt des steirischen Wirtschaftslebens: ein Beweis dafür, wie sehr die Prognosen des WIFO geschätzt werden. Wie schon im Vorjahr war auch heuer wieder mehr Optimismus zu spüren, aber auch die Sorgen um die Zukunft wurden etwas größer.
WIFO-Chef Karl Aiginger sieht die Wirtschaft zwar weiter am Weg nach oben, das Wachstum sei mit einem Durchschnitt von 2,2 % aber niedriger als in den zehn Jahren vor der Krise. Immerhin sieht Aiginger aber „die Zeit der Feuerwehr vorbei“. Geblieben sind, seiner Einschätzung nach, vor allem drei Rucksäcke. „Die Arbeitslosigkeit wird 2011 bis 2015 rund 6,2 % ausmachen. Das ist höher als vor der Krise. Die Staatsschulden sind mit rund 80 % des BIP ein ziemlicher Rucksack für die Zukunft. Und schließlich gibt es noch Defizite am Bildungs-Sektor, in der Forschung und der Umwelt", so der WIFO-Chef. Gerade letztere rückt immer mehr in den Fokus. „Die Rohstoffe werden knapp und die Erderwärmung nimmt zu. Umwelt und Energie bleiben langfristig die größte Herausforderung.“ Aiginger sieht auf diesem Sektor aber auch eine neue Exportchance für Österreich. „Die Alternativenergien und Baustoffe sind schon vorhanden. Warum sollten wir die nicht exportieren?“, fragt Aiginger.
Damit Österreich auch in Zukunft erfolgreich bleibt, fordert WIFO-Chef Aiginger eine Dreifachstrategie ein: „Wir müssen Beschäftigung schaffen. Das Budget konsolidieren und in die Zukunft investieren. Wird nur eines der Probleme isoliert angegangen, kann das die Situation der anderen verschärfen", meint der Experte. „Wir brauchen daher eine Strategie. Eine Konsolidierung ohne Zukunftsrestriktion führt zu einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Wachstum“, schrieb Aiginger den anwesenden Politikern ins Stammbuch. Und weiter: „Wir haben zehn Jahre Budgetkonsolidierung vor uns. Konsolidierung heißt aber nicht, dass alle gleichmäßig weniger bekommen, sondern dass man strategisch vorgeht und nicht in die Vergangenheit investiert, sondern in die Zukunft.“ Neben dieser Dreifachstrategie ortete Aiginger sieben Säulen der Zukunftsfähigkeit: „Innovation, Bildung/Qualifikation, Kinderbetreuung/Chancengleichheit, Exzellenzposition in Umwelt und Energie, eine proaktive Gesundheitsreform, langfristiges Budget-Sparen und eine Verbesserung der Arbeitsmärkte.“ Es beliebt also noch viel zu tun für die Politik.
Ins selbe Horn stieß auch Manfred Bergmann von der Europäischen Kommission. Er ging der Frage nach, ob Europa eine Wirtschaftsregierung brauche. Wenig überraschend sprach sich der Experte dafür aus. „Ein Auto ist mehr als seine Einzelteile. Europa ist mehr als seine Mitgliedstaaten.“ Dass dieses Europa nach wie vor ungeheures Potential hat, auch daran erinnerte Bergmann. „Unser Binnenmarkt erwirtschaftet ein BIP von 12 Billionen Euro. Die EU-Exporte wie auch die EU-Importe halten sich mit jeweils mehr als 500 Milliarden Euro die Waage. Wir sind exzellent in Infrastruktur und Institutionen. In der EU gibt es 500 Millionen Einwohner, 220 Millionen Arbeitsplätze und 22 Millionen Unternehmen.“ Eine stolze Bilanz.
Natürlich ging es beim „Konjunkturgespräch Steiermark“ auch um die Wirtschaftsprognose für die nähere Zukunft. Für Österreich wird 2011 ein Wachstum von 2,5 % erwartet. 2012 sollen es 2,0% sein. Die Arbeitslosigkeit wird sich 2011 und 2012 um 6,3 % bewegen, die Inflationsrate wird 2011 2,8 % ausmachen und 2012 dann auf 2,4 % sinken. In Deutschland hält die euphorische Stimmung an, in China kommt es zu einer sanften Bremsung und möglicherweise zu einer Inflationsgefahr. Erhöhte Risiken für die Weltwirtschaft gehen von Japan und Nordafrika aus.