Genossenschaftsidee soll zum Weltkulturerbe werden
09.10.2013
Die Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland begründete Genossenschaftsidee soll immaterielles Kulturerbe der UNESCO werden. Ein entsprechender Antrag auf Anerkennung wurde in den deutschen Bundesländern Sachsen und Rheinland-Pfalz parallel gestellt.
Die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft und die Deutsche Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft wollen die Genossenschaftsidee zum immateriellen Weltkulturerbe machen, wie beide Institutionen Anfang Oktober in Mainz und Dresden verkündeten. "Wir haben bereits zahlreiche Unterstützer für unsere Initiative gefunden", erklärte Josef Zolk, Vizevorsitzender der Raiffeisen-Gesellschaft.
Unterstützung sowie positive Signale für den Welterbevorstoß kommen aus allen Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) steht nach Angaben Zolks hinter der länderübergreifenden Initiative. Auch der frühere Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) soll Rückhalt zugesagt haben, ebenso Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und auch zahlreiche führende Gewerkschaftler aus Bund und Land. Sogar der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, macht sich für die Genossenschaftsidee stark. Breiten Rückhalt gibt es ebenfalls in Sachsen, wo die Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft verankert ist.
Bislang erhielten in Deutschland ausschließlich materielle Güter Welterbestatus. Am 9. Juli 2013 ist Deutschland dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen, sprich ideellen, Kulturerbes beigetreten. Jetzt können auch mündlich überlieferte Traditionen (einschließlich der Sprache), Tanz, Theater, Musik, Bräuche, Rituale, besondere Feste, aber auch Wissen und Praktiken in Bezug auf die Natur und das Universum sowie traditionelle Handwerkstechniken Welterbestatus erhalten. Breiter könnten die Kriterien kaum ausfallen. Im Prinzip kann das ganze deutsche Kulturerbe diesen besonderen Rang erreichen: Märchen, die Fastnacht und eben auch die Genossenschaftsidee.
Bis zum 30. November 2013 können Gruppen, Gemeinschaften und Einzelpersonen Bewerbungen für die Aufnahme in ein bundesweites Verzeichnis abgeben. Am Ende gehen maximal 34 Bewerbungen an die UNESCO - und damit ins weitere Verfahren. Ist der Vorstoß der Raiffeisen- und Delitzsch-Gesellschaft erfolgreich, könnte die Genossenschaftsidee 2014 ins Pantheon des Welterbes aufsteigen.
Josef Zolk und Eckhard Ott, Vorstandschef des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands sowie Vorstandsmitglied der Delitzsch-Gesellschaft sehen Genossenschaften im Trend. Vor allem die Finanzkrise und das Unbehagen gegenüber den schier unkontrollierbaren Finanzmärkten haben ihrer Ansicht nach viel Sympathie für die Überschaubarkeit und Solidität der Genossenschaften geweckt.