„Genossenschaftsbanken sollten nicht Ausnahme sein“

16.06.2015

Die Vereinigung der Europäischen Genossenschaftsbanken lud in Brüssel zu einer Konferenz mit dem Thema „Der genossenschaftliche Unterschied – auf dem Weg zu mehr Wachstum“. Im Mittelpunkt standen die Besonderheiten des Geschäftsmodells und die Berücksichtigung von Genossenschaften in der Regulierung.

Bei der 6. Konferenz der Europäischen Genossenschaftsbanken Anfang März stand der genossenschaftliche Unterschied im Fokus – und wie sehr Genossenschaftsbanken zu Wachstum und Investitionen beitragen bzw. einen Eckpfeiler in der Unterstützung der Realwirtschaft in einem Umfeld schwacher Konjunktur und hoher Arbeitslosigkeit darstellen.

Gerhard Hofmann, Vorstand des deutschen Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken und Vizepräsident der Vereinigung Europäischer Genossenschaftsbanken EACB, brachte es auf den Punkt: „Genossenschaftsbanken sollten nicht als Fußnote, sondern als eine echte Alternative in der Regulierung gesehen werden.“ Er appellierte an die Aufseher, „von Beginn an genossenschaftlich zu denken“, nicht immer nur in Ausnahmen für Genossenschaften. „Genossenschaftsbanken sollten Standard sein, keine Ausnahme“, betonte er. Bis heute sei es eher Usus, nur Aktienbanken als Vorbild für die gesamte Regulierung heranzuziehen und für Genossenschaftsbanken dann Ausnahmen zu formulieren. Die Vorschläge des Basler Ausschusses für die Überarbeitung des Standardansatzes würden die Risikogewichte für Regionalbanken massiv erhöhen. Das betreffe gerade Genossenschaftsbanken und ihr typisches Klientel, nämlich kleine und mittlere Unternehmen.

Rainer Borns, Vorstandsmitglied der ÖVAG, pflichtete bei und gab zu bedenken, dass Genossenschaftsbanken die Vorschriften für Großbanken zu erfüllen haben. Das berge die Gefahr in sich, dass implizit Mindestgrößen für Banken eingeführt werden. Isabelle Vaillant von der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) betont in diesem Zusammenhang, dass es nicht ausreiche, eine Genossenschaftsbank zu sein. Es gebe auch viele große Genossenschaftsbanken in Europa, deshalb sei es legitim, das Geschäftsmodell von Genossenschaftsbanken zu hinterfragen. Dennoch lege die EBA bei allen Rechtsakten besonderen Wert auf die Proportionalität.

Starke Aufsicht

Auch Jukka Vesala, Generaldirektor für die indirekte Aufsicht kleinerer Banken in der Europäischen Zentralbank (EZB), stimmte dem zu und signalisierte von Seiten der EZB durchaus Verständnis für Genossenschaften. Er stellte klar, dass die EZB kein IFRS für Genossenschaftsbanken einführen will.

In seiner Eröffnungsrede der EACB-Konferenz hob auch der für die Finanzmarktregulierung zuständige EU-Kommissar Jonathan Hill die besondere Bedeutung der Genossenschaftsbanken für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung hervor, vor allem in Zusammenhang mit der Finanzierung von KMUs. Die Wiederherstellung des Vertrauens der Bevölkerung in den Bankensektor habe eine starke und glaubwürdige Aufsicht, aber auch den Willen der Banken erfordert. Sein Fokus liege aber derzeit nicht auf der Entwicklung neuer Legislativvorhaben, sondern auf der Überprüfung und soliden Umsetzung der bestehenden Regulierungsvorschriften. „Die Europäische Union kann davon ausgehen, dass der Umfang an Gesetzesvorhaben nicht gleich groß wie in der Vergangenheit sein wird“, sagte Hill.