Genossenschaften im städtischen Raum immer gefragter
29.10.2020
Das "Graz Kulturjahr 2020" steht unter dem Motto "Wie wir leben wollen", stößt dabei das Tor zur Wirtschaftswelt auf. Das Teilprojekt "City of Collaboration" verschreibt sich dabei ganz Kooperationen auf genossenschaftlicher Basis im urbanen Raum und hat im September einen Aktionstag im öffentlichen Raum abgehalten.
Rege Betriebsamkeit herrschte am 11. September am Vormittag bei Prachtwetter am Bahnhofsplatz in Graz. Ausstellungsplakate erzählten von einer besonderen Wirtschaftsform und demokratischer Mitbestimmung. Genossenschaften und Revisionsverbände haben sich beim Aktionstag "Genossenschaften für alle!" vorgestellt, der im Rahmen des "Graz Kulturjahr 2020"-Projekts "City of Collaboration" stattgefunden hat. Vertreten waren beispielsweise die "Weizer Schafbauern", "Cooperative für Künstler*innen, Kreative und Neue Selbstständige (SMART)", der "Bioladen Matzer", die Dorfgenossenschaft "Um's Egg", das "Taxi 2801", die "Erste Steirische IT-Genossenschaft ESIT", der Raiffeisenverband Steiermark und viele mehr.
"Genossenschaften sind wieder chic geworden, gerade im urbanen Bereich", sagt Andreas Exner vom RCE Graz-Styria, dem Zentrum für nachhaltige Gesellschaftstransformation an der Universität Graz, der einer der Mitinitiatoren des Aktionstages ist. Er spricht von einem "breit gestreuten und vielfältigen gesellschaftlichen Lernprozess, der seit einigen Jahren eingesetzt hat".
Die Demokratie ist Exner zufolge die Kernidee und das bestimmende Wesensmerkmal einer Genossenschaft. "Einen Wandel sehe ich in der Repolitisierung der Genossenschaftsidee. Vor 200 Jahren gab es verschiedenste wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisen. So wie damals schließen sich auch heute Menschen zusammen, um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen. Neu ist aber der Wunsch nach einem moralischen Wertewandel hin zu mehr Gemeinwohl in der Gesellschaft. Genossenschaften sind mehr als eine bloße Wirtschaftsorganisation. Sie sind eine kulturelle Innovation."
Erste Schüler-Genossenschaften
Passend zum Schulbeginn wurde im Rahmen des Aktionstages auch das Thema Schülergenossenschaft vorgestellt und diskutiert. Ab dem heurigen Schuljahr 2020/21 wird die Genossenschaftsidee mit vier Pilotprojekten in die österreichischen Schulen Einzug halten. Bei den Vorbereitungen ist der Österreichische Raiffeisenverband eng eingebunden. Ab den höheren Jahrgängen der Höheren Bundeslehranstalten geht es los, die Schüler werden in einem geschützten Rahmen unternehmerisch aktiv. Schwerpunkte dabei sind Zusammenarbeit mit möglichst vielen Stakeholdern sowie demokratische Mitbestimmung. "In weiterer Folge ist auch eine Ausweitung auf weitere Schulen in Graz im Rahmen von 'City of Collaboration' ein Ziel", so Armin Friedmann vom Raiffeisenverband Steiermark, der lokal das Pilotprojekt Forstschule in Bruck an der Mur betreuen wird.