Energiegenossenschaften können Erfolgsmodell werden

30.01.2014

Energiegenossenschaften standen im November im Mittelpunkt der 17. IGA-Genossenschaftstagung in Innsbruck.

Diskussionen rund um die Errichtung von Anlagen zur Produktion von erneuerbarer Energie enden meist in folgendem Satz: „Der Nachbar soll es machen, aber sicher nicht ich.“ In der allgemeinen Debatte gibt es nur wenige Meinungen, die sich dezidiert gegen den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien in Österreich aussprechen. Kommt es dann aber zu dem Punkt, wo es um einen konkreten Ort zur Errichtung eines Windrades oder eines Kleinwasserkraftwerkes geht, wird lieber auf die Nachbargemeinde verwiesen. Die jüngste Tagung des Internationalen Institutes für Genossenschaftsforschung im Alpenraum (IGA) widmete sich unter anderem dieser „Quadratur des Kreises“. „Jeder hat nach Fukushima von der Energiewende gesprochen. Heute mehren sich die kritischen Stimmen, die vor einer Überförderung warnen oder sich um den Umweltschutz sorgen“, so IGA-Vorsitzender Arnulf Perkounigg.

„Alle wollen sichere, saubere, dezentrale Energie. Aber keiner die Anlagen“, brachte Klaus-Alois Hein vom Genossenschaftsverband Bayern die Problematik auf den Punkt. Das Spannungsfeld, in welchem sich die Diskussion rund um die Energiewende befinde, spiegle sich dabei auch in seinem eigenen Verband wider – inklusive aller unterschiedlicher Interessen. „Es gibt die produzierenden Energiegenossenschaften. Es gibt Netz-Genossenschaften, die die Energie verteilen. Und natürlich die investierenden Banken sowie die großen Verbraucher, die unter steigenden Energiekosten zu leiden haben“, so Hein.

Weiter östlich erlebt das Bundesland Oberösterreich derzeit einen Boom bei der Gründung von Energiegenossenschaften. Nicht ganz unbeteiligt ist daran der Raiffeisenverband Oberösterreich. „Wir merken, dass die Bürger sehr motiviert sind. Sie wollen, dass mit ihrem Geld etwas Sinnvolles und Umweltbewusstes geschieht“, erklärt Verbandsdirektor Rudolf Binder. Engagements bei Energiegenossenschaften seien zudem nicht nur für Bürger ein interessantes Thema, sondern auch für Gemeinden.

Best Practice Eferding

Ein gelungenes Beispiel ist die 2012 gegründete „Energiegenossenschaft Region Eferding“. Gemeinden im ganzen Bezirk stellen in ihrer Funktion als Genossenschaftsmitglied öffentliche Dachflächen für die Installation von Photovoltaik-Modulen zur Verfügung. Bis Ende 2014 ist die Montage von PV-Modulen mit einer Leistung von 400 kwPeak geplant, im Endausbau, so Binder, sei gar die doppelte Leistung vorgesehen. Der erzeugte Strom wird für den Eigenverbrauch verwendet, die überschüssige Energie wird ins Netz eingespeist. Für Binder ist die Einbindung der Gemeinden in eine derartige Genossenschaft von großer Bedeutung, schließlich werde dadurch „das öffentliche Interesse dokumentiert, was wichtig für die Bewusstseinsbildung“ sei.

In Folge der guten Erfahrungen im Bezirk Eferding haben sich mit Unterstützung des Raiffeisenverbandes Oberösterreich mittlerweile auch in anderen Regionen ähnliche Genossenschaften gebildet, lokale Raiffeisenbanken werden für die Kreditvorfinanzierung miteinbezogen. Die Bewohner des Bezirkes Eferding haben zudem die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Beteiligungsmodells an der Genossenschaft zu beteiligen.

Möglich wurde diese Bürgerbeteiligung überhaupt erst durch ein Rechtsgutachten, das durch Unterstützung der Rechtsabteilung des Raiffeisenverbandes Oberösterreich sowie in Kooperation mit dem Klima- und Energiefonds entstanden ist. Dass es auch noch andere rechtliche Hürden bei der Gründung einer Energiegenossenschaft zu beachten gibt, darauf wies Markus Dellinger, Syndikus beim Österreichischen Raiffeisenverband, hin. „Wo eine große Bereitschaft besteht, Geld zu investieren, haben wir auf der anderen Seite auch immer ein Gefahrenpotenzial. Projekte, die zunächst gut aussehen, können später an technischen Schwierigkeiten scheitern oder die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können sich ändern.“ Deshalb habe der Gesetzgeber versucht, ein lückenloses Gegenkonzept zu installieren. Das Ergebnis: „Ein Zielkonflikt zwischen dem Wunsch nach unkomplizierter und einfacher Finanzierung von sinnvollen Projekten auf der einen Seite, sowie auf der anderen Seite ein Gesetzgeber, der die Anleger schützen will.“

Revision bietet Sicherheit

Einen möglichen Ausweg stelle eine im Sommer 2013 geschaffene Ausnahme im Österreichischen Kapitalmarktgesetz dar, nach der eine zu einem Revisionsverband gehörende Genossenschaft im Jahr bis zu 750.000 Euro aufstellen könne, ohne deshalb prospektpflichtig zu werden. Schließlich garantiere die Zugehörigkeit zu einem Revisionsverband bereits eine wirtschaftliche Prüfung des Geschäftsmodells sowie der laufenden Geschäftsgebarung. Zudem sorge die genossenschaftliche Mitsprache der Mitglieder für zusätzlichen Schutz für die Anleger.

Die Einhaltung der Rechtsvorschriften und ein funktionierendes Geschäftsmodell allein reichen jedoch noch nicht aus, um eine Energiegenossenschaft zu einem nachhaltig ökonomischen Erfolg für sich und ihre Mitglieder werden zu lassen. Dafür braucht es engagierte Menschen, die mit Begeisterung und Verantwortungsgefühl im Sinne der Genossenschaft handeln. Was dann alles möglich ist, verdeutlichte Franz Kohler vom Raiffeisenverband Südtirol am Beispiel der Welschnofener Energiegewinnungs-Genossenschaft (WEG). Diese entstand 1998 aus der Umwandlung einer AG mit dem Ziel, ihre Mitglieder, darunter die Gemeinde, Hoteliers und Gewerbetreibende sowie zahlreiche private Haushalte, mit günstigem Strom zu versorgen. Seither wurden zwei in die Jahre gekommene Kraftwerke revitalisiert und die produzierte Strommenge mehr als verdoppelt, bei gleichzeitig günstigeren Stromkosten für die Mitglieder. „Auch die Gemeinde profitiert als Mitglied davon. 32 Prozent spart sie sich alleine bei der Versorgung der Schule“, erläutert Franz Kohler. Für die WEG kein Grund sich auszuruhen: Ab Herbst 2014 soll ein Biomasse-Kraftwerk in den wasserarmen Monaten Strom liefern sowie den Großteil des Ortes mit Wärme versorgen. Im Südtiroler Eggental, so scheint es, ist die Quadratur des Kreises gelungen.